Automatisierung

Mechanischer Prüfstand für Solarzellen-Module

20.06.2013 -

Wenn Schnee meterdick auf Solarzellen liegt, lässt sich nur mit Flächenlastmodellen berechnen, welche Kräfte wirken. Ein Prüfstand soll diese Modelle jetzt verifizieren und Klarheit bringen, wie Wind und Schnee die Module tatsächlich belasten.

Sollen erneuerbare Energien breiten Einsatz finden, müssen neue Prüfverfahren entwickelt werden, die gewährleisten, dass die einzelnen Komponenten zuverlässig getestet und bewertet werden. Das Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle beschäftigt sich deshalb mit den Belastungen in Form von Flächenlasten, die auf Solarzellen der kristallinen Silizium- und Dünnschicht-Photovoltaik wirken. Die Erkenntnisse dieser Forschungsarbeit fließen in die Herstellung neuer Solarzellen beziehungsweise in ausgearbeitete Prüfverfahren für genormte industrielle Tests ein. Um herauszufinden, wie Flächenlasten auf Solarzellenmodule (oder andere plattenförmige Prüfkörper) wirken, hat das MSC-Ingenieurbüro aus Hanau einen Prototypen-Prüfstand entwickelt. Dabei können die gewünschten Flächenlasten sowohl manuell als auch automatisch eingestellt werden. Mathematische Modelle, wie Windlastverhalten oder Schneelastverhalten, können so praxisnah simuliert und verifiziert werden.

Aufbau des Prüfstands

In der Planungsphase erstellte das Ingenieurbüro ein Hardware- und Softwarekonzept, das die Vorgaben und Definitionen von Fraunhofer erfüllte. Der Prüfstand besteht dabei aus einem mechanisch-steifen Prüfrahmen, der den Prüfkörper fixiert. Linearmotoren bringen die vorgegebenen Kräfte punktuell auf den Prüfkörper auf. Sensoren erfassen zum einen die in den Prüfkörper eingebrachten und in den Rahmen abgeleiteten Prüfkräfte, zum anderen messen sie die Verschiebung, die der Prüfkörper während des Tests erfährt. Schließlich verfügt der Prüfstand über ein flexibles Messsystem auf Basis eines PXI-Chassis von National Instruments zum Ansteuern und Erfassen der Aktoren und Sensoren. Die Prüfstands-Software basiert auf Labview, ist objektorientiert und erweiterbar.

Das Software-Konzept umfasst dabei folgende Punkte:

 

  • die Möglichkeit der Prüfstandsparametrierung im Hinblick auf 
  • die nutzbare Prüffläche, die Aktor- und Sensorpositionen und 
  • die ­Erfassungskanäle,
  • die Möglichkeit der Handsteuerung aller am Prüfstand beteiligten Komponenten,
  • das manuelle Einprägen von Lasten auf Basis von Kraft- oder ­Wegevektoren,
  • das Importieren von berechneten Lastmatrizen für die Theorie-/Praxis-Verifizierung,
  • das Erstellen und Ablegen von normierten Prüfabläufen für eine ­reproduzierbare statische und dynamische Lasteinprägung,
  • die Parametrierung von Prüfaufträgen mit entsprechender ­Prüfinformation und
  • das Speichern von Messdaten und Prüfergebnissen.

 

Reproduzierbare Prüfabläufe

Nach diesen Konzepten wurde der Prüfstand erstellt und sowohl mechanisch als auch elektrisch in Betrieb genommen. Die Aktoren können dabei Maximalkräfte bis zu 5.000 Newton einprägen, und der Prüfkörper darf bis zu 2,27 m x 1,35 m groß sein.
Die Software basiert auf dem firmeneigenen MSC-Workframe, welcher entsprechend der Projektvorgaben erweitert wurde. Der angewendete Objektgedanke ermöglicht dabei eine effektive Integration von definierten virtuellen Instrumenten, zum Beispiel der Ansteuerung der Linearmotoren, der Messdatenerfassung und der zu erstellenden Prüfstands- und Prüfungseditoren. Die Ansteuerung der bis zu 32 zur Verfügung stehenden Linearmotoren erfolgt über das CANopen-Protokoll. Die Motoren können über die SDO-Ebene parametriert werden. Über die PDO-Ebene werden fahrauftragsrelevante Daten wie Soll-Ist-Position und Fahrgeschwindigkeit gesendet beziehungsweise empfangen. Zur Minimierung des Traffic auf dem CAN-Bus werden die Linearmotoren auf zwei NI-XNET-Karten mit je zwei CAN-Bussen verteilt. Die Messdatenerfassung der Kraftsensoren und Weggeber erfolgt über die NI-eigene Treiberebene NI-DAQ.
Die Entwickler integrierten eine automatische Ablaufsteuerung auf Basis des MSC-StateControl. Sie erlaubt es, Prüfablaufschritte sequenziell abzuarbeiten, damit zum einen reproduzierbare Prüfabläufe generiert und zum anderen dynamische Krafteinprägungen (zum Beispiel Verformungen bei Windböe) realisiert werden können.

Statische und dynamische Flächenlasten

Die Herausforderung in diesem Projekt besteht in der ungleichförmigen Kräfteeinprägung in die plattenförmigen Prüfkörper. Die Problematik ergibt sich durch das E-Modul der jeweiligen Platte, welches dazu führt, dass eine durch einen Linearmotor punktuell eingeprägte Kraft durch die eingeprägten Nachbarkräfte beeinflusst wird. Daraus folgt, dass eine an einem Punkt eingeprägte Kraft kontinuierlich nachgeführt werden muss, was in der Konsequenz wiederum die Nachbarkräfte beeinflusst. Aufgrund dieser Problematik verzichteten die Entwickler auf klassische Regelalgorithmen und betrachteten das Modell als Bot-Automaten. In der Anwendung bedeutet dies, dass in den Ansteuerobjekten für die Linearmotoren eine Kommunikationsebene eingerichtet wurde, welche es den Objekten erlaubt, untereinander zu kommunizieren. Das heißt, Linearmotoren bilden selbstständig intelligente Einheiten, welche in sich stabile Zustände erreichen. Die Stabilität breitet sich mit der Zeit immer weiter aus, bis die Krafteinprägung über den gesamten plattenförmigen Prüfkörper einen statischen Zustand erreicht hat.
Das MSC-Ingenieurbüro konnte einen halbautomatischen Prototypenprüfstand erstellen, auf welchem sowohl statische als auch dynamische Krafteinprägungen realisierbar sind. Die einzuprägende Kraftverteilung konnte mit einer ausreichenden Genauigkeit durch die fein justierbaren Linearmotoren erreicht werden. Unterschiedliche Regelalgorithmen optimieren dabei den Einprägevorgang bei unterschiedlichen E-Modulen.

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