Automatisierung

2012: Märkte, Anbieter - und das Internet der Dinge

15.11.2011 -

Prognosen sind wie Handgranaten - je weiter man wirft, umso weniger wird man davon selbst getroffen. Über die Automatisierung in 25 Jahren zu spekulieren ist viel leichter als über die des Jahres 2012. Ich versuche es trotzdem, aber ohne Gewähr.

Märkte: Sicher bin ich mir darin, dass der Markt für Automatisierungstechnik weltweit und in Deutschland insgesamt höhere Zuwachsraten erzielen wird als die Weltwirtschaft, jedoch geringere als in 2011. Für Deutschland und Europa werden sie wiederum deutlich kleiner ausfallen als für China und für andere Schwellenländer. Treiber in den Märkten sind in Deutschland und den USA Investitionen in die sogenannten Erneuerbaren Energien und für die Effizienzsteigerung bei der Energie-, Wasser- und Rohstoffnutzung. In China, Indien und Brasilien wird noch mehr als bisher schon investiert werden: für die Verbesserung der Infrastrukturen, sowie für den Aufbau neuer Fertigungskapazitäten für Fahrzeuge und deren Komponenten, für Anlagen der Chemie- und Pharmaindustrie und für Verteidigung. Allerdings werden in diesen schnell wachsenden Regionen zunehmend regionale (chinesische) Hersteller von Automatisierungstechnik liefern und westliche Lieferanten verdrängen, selbst wenn letztere im Land produzieren. Auch bieten neuerdings chinesische Automatisierungsfirmen in Europa und in USA erfolgreich an.

Anbieter: Bei den „großen" westlichen Automatisierungstechnikherstellern sind weitere Konzentrationen durch Übernahmen respektive Fusionen meines Erachtens unausweichlich, trotz allfälliger Kartellprobleme. Auch erwarte ich Übernahmen deutscher Firmen durch finanzstarke chinesische Konkurrenten. Mittlere und kleine deutsche Hersteller werden mit Innovationen weiter wachsen und selbständig bleiben, solange die Rendite weiterhin überproportional groß ist, die Gier der Eigentümer in Grenzen bleibt und, bei Familienunternehmen, die Nachfolge geregelt und der Familienfrieden gesichert ist.
Mittlere und große Anbieter, die bisher auf die Fertigungsautomatisierung fixiert waren, drängen bereits jetzt mit Macht in die Prozessautomatisierung, weil sie dort (mit guten Gründen) die höheren Renditen vermuten - das wird verstärkt weitergehen. Dass damit ein fundamentaler Kulturwechsel einhergehen muss, scheint manchen nicht bewusst zu sein.
Kluge Automatisierungsanbieter in Mitteleuropa sollten auf die sog. „Energiewende" setzen und Nischen bei der Erzeugung und Verteilung der elektrischen Energie suchen, die von den großen Herstellern noch nicht zugemauert sind. Eine Sonderkonjunktur für Notstromsysteme und -aggregate jedweder Baugröße ist für mich absehbar.

Internet der Dinge: Die Welt steht offenbar am Beginn der vierten industriellen Revolution: Im „Internet der Dinge" kommunizieren verschiedenste mit Computerchips ausgestattete Objekte miteinander, reale und virtuelle Welten wachsen zusammen. Diese bereits jetzt schon verfügbaren Chips öffnen nicht nur meiner Überzeugung nach völlig neue, bisher noch unvorstellbare Möglichkeiten für die Automatisierung in allen Lebensbereichen und Industrien auf der ganzen Welt. Innovative Neugründungen von Firmen bekommen dadurch ungeahnte Chancen. Allerdings verlangt der Schritt zu „Industrie 4.0" für viele etablierte Hersteller- und Anwenderfirmen drastische Veränderungen in deren Unternehmenskultur und für die Manager ein neues Führungsverhalten; nicht der vielbeklagte Facharbeiter- und Ingenieursmangel wird der Flaschenhals sein, sondern der Mangel an hinreichend qualifizierten Unternehmern und Managern mit neuer Denke!

Produkte und Systeme: Die zahlreichen veröffentlichten Roadmaps von ZVEI (für Automation, Wasser und Abwasser, Energie, Megacities, Embedded Systems,...) und VDI/VDE (Prozesssensoren, Fertigungsmesstechnik, Nanomaterialen, ...) geben Richtung und Takt vor; alle Automatisierer sind gut beraten, wenn sie diese Roadmaps analysieren und gemeinsam mit ihren Kunden die geforderten neuen Lösungen erarbeiten. Vernetzung mit (auch neuartigen) „Wireless"-Techniken werden neue Lösungen für die Prozess-, die Fertigungs- und die Infrastruktur-Automatisierung ermöglichen, die heute noch visionär erscheinen. Biosensoren werden betriebstauglich und werden deshalb gute Akzeptanz finden.
Stuxnet hat wohl alle Automatisierer aufgeschreckt. Um die Security von Geräten und Anlagen sicherzustellen, müssen nun die vorhandenen Schutzsysteme konsequent angewendet und insbesondere für die Feldgeräte neue entwickelt werden - eine große Aufgabe für 2012!

Ceterum censeo: „Automation" muss von allen Automatisierern und deren Verbänden weit publikumswirksamer vermarktet werden. Ein deutsches oder europäisches „Jahr der Automation" böte die geeignete Plattform dafür. Hersteller und Anwender von Automatisierungstechnik brauchen künftig mehr denn je die besten Köpfe, die nicht nur fit sind in Technologie und Technik, sondern auch im Vermarkten und im „Sich-selbst-behaupten". Auch die Lehrenden auf allen Ebenen unseres Bildungssystems brauchen dazu ein „neues Denken" - ich weiß: Das ist die höchst Hürde.

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