Automatisierung

Selbstentwickelte Roboter und FTF automatisieren Wurmzucht

27.08.2020 -

Familie Langhoff züchtet Riesen-Rotwürmer, auch Dendrobena genannt, die zum Beispiel von Anglern als Futterwürmer für Tiere, zur Jagd oder als natürlicher Düngerproduzent für Gärten und Gewächs­häuser eingesetzt werden. Um die Zucht zu verbessern und effektiver zu gestalten, entwickelt Vater Martin Langhoff seit rund zehn Jahren eigene Maschinen – mit dabei: Energieketten und Linearführungen.

 

Vor 20 Jahren fragt der kleine, neugierige Marvin seinen Papa, wie sich Regenwürmer eigentlich vermehren. Um die Frage zu beantworten, nimmt Martin Langhoff das Internet zur Hilfe. Marvins Frage ist der Startschuss für ein Familienunternehmen, das den meisten etwas wundersam vorkommt: Familie Langhoff betreibt mit Superwurm eine Wurmfarm und beschäftigt sich mit der Züchtung des Riesen-Rotwurms. Dabei setzt die Familie auf Automatisierung. Selbstkonstruierte Maschinen mit Igus-Komponenten übernehmen Arbeitsschritte, die bislang sehr zeitaufwendig waren. Geplant ist zudem, die Maschinen bald selbst zu vertreiben. Hierzu wurde die Firma RobCoTec gegründet.
Auf Igus-Produkte ist Martin Langhoff bei der Suche nach Bauteilen für seine erste selbstgebaute Maschine gestoßen. Der Fütterungs- und Bewässerungsprozess der Würmer sollte teilautomatisiert werden. Die Bauteile sollten unter erschwerten Einsatzbedingungen wie Schmutz, Erde und Feuchtigkeit zuverlässig und dauerhaft funktionieren, da die Maschine für den 24-Stunden-Dauerbetrieb ausgelegt wurde. Zudem sollten sie keine Schmierung benötigen, um Würmer und Erde nicht zu verunreinigen. Mittlerweile sind die Drylin-R-Quattroschlitten mit Vollkunststofflagern, die auf zwei parallelen Wellen gleiten, und die E4-E-Ketten seit zehn Jahren im Dauereinsatz und die Maschine läuft einwandfrei – ohne Wartung, ohne Reinigung.

Erde und Feuchtigkeit als ­Herausforderung
Das Lager von Superwurm ist vollgestapelt mit Eurocontainern, die Erde und Würmer enthalten. Jeder dieser Container muss einmal pro Woche bewässert werden und es wird Futter auf die Erde gestreut. Dazu werden die Container bislang mit einem Hubwagen aus dem Lager in Langhoffs erste Fütterungs- und Bewässerungsmaschine gefahren. Die Maschine nimmt immer zwei Container gleichzeitig mit einem Druckluftgreifer und platziert sie in der nächsten Station, wo sie mit Wasser besprüht und Futter bestreut werden. Die Drylin-Quattroschlitten dienen dabei als Lagerstellen der beweglichen Greiferelemente.
Besonders bei dieser Maschine gelangen Erde und Feuchtigkeit an die Lagerstellen. Da die Gleitelemente der Linearführungen aus Kunststoff mit inkorporierten Festschmierstoffen bestehen und somit keine zusätzliche Schmierung benötigen, gelangt kein Schmiermittel in die Erde oder zu den Würmern. Ein weiterer Vorteil der selbstschmierenden Gleitelemente ist, dass Schmutz nicht an Fett oder Öl anhaften kann. Selbst bei Sand und Staub kann Drylin eingesetzt werden, da Fremdkörper durch die Kontaktfläche zwischen Kunststoffgleitelement und Welle einfach aus der Laufbahn gefördert werden, ähnlich einem Schneeschieber.
Auch den E-Ketten von Igus machen die rauen Einsatzbedingungen nichts aus. Trotz Schmutz, Feuchtigkeit und ständiger Belastung führen sie die Leitungen zuverlässig und besonders geräuscharm. Freitragende Längen stellen kein Hindernis dar.

Roboter und FTS übernehmen Fütterung und Bewässerung
Um den Fütterungs- und Bewässerungsprozess vollständig zu automatisieren, entwickelte Langhoff neue Maschinen: zwei Roboter, ein Förderband sowie ein fahrerloses Transportfahrzeug (FTF). Die monotonen Arbeitsschritte bei der Fütterung und Bewässerung müssen so nicht mehr in Vollzeit von einer Person übernommen werden, sodass sich diese auf anspruchsvollere Aufgaben konzentrieren kann. „Mit der neuen Anlage kann die Fütterung und Bewässerung rund um die Uhr durchgeführt werden, selbst bei Personalausfall. Zudem werden Fehler auf ein absolutes Minimum reduziert“, erklärt Martin Langhoff, Inhaber von Superwurm.
Das FTF holt die mit Erde und Würmern gefüllten Eurocontainer stapelweise vom Lager zur neuen Fütterungs- und Bewässerungsanlage. Dazu sind im FTF zwei parallel synchron angetriebene Drylin-ZLW-Zahnriemenachsen (Baugröße 1040) inklusive Portalmittenantrieb verbaut, welche die Containerstapel auf einem Rollwagen in das Transportfahrzeug ziehen. Dafür waren Zahnriemenachsen mit Schrittmotoren (Baugröße NEMA23) notwendig, die 120 kg schwere Container ziehen können. Dieses Komplettsystem ist besonders leicht, erfordert für den Betrieb nur eine geringe Leistung und ist stoß- und schmutzunempfindlich. Ideal also für den Einsatz in Langhoffs FTF. Für die Bewegung der Zahnriemenachsen werden die Leitungen mit Hilfe einer E6-e-kette geführt. So wird ihre Lebensdauer erhöht und sie sind vor äußeren Einflüssen, zum Beispiel Quetschungen, geschützt. Sind die Container vollständig ins FTF eingezogen, wird durch einen Igus- Schrittmotor (Baugröße NEMA23) eine Schranke geschlossen, um beim Transport für zusätzliche Sicherheit zu sorgen. Nur dadurch sind eine CE-Kennzeichnung und eine Zulassung für die Nutzung im Betrieb möglich.
An der neuen Fütterungs- und Bewässerungsanlage angekommen, fährt das FTF die Container zum ersten Roboter, der diese nacheinander vom Rollwagen-Stapel auf ein Fließband stellt. Dabei arbeitet er mit einem intelligenten Greifer, der die Position der Container erkennt, korrigiert und diese erst anhebt, wenn ein sicherer Griff garantiert ist. „Dafür brauchten wir kostengünstige, kompakte und leichte Bauteile“, erklärt Langhoff. Zum Auf- und Zufahren des Greifers werden deshalb Wellen in Igubal-ESTM-Stehlagern gelagert. Sie halten durch spezielle Tribopolymere hohen radialen Belastungen stand, sind selbstschmierend und somit wartungsfrei. Für die Bewegung des Roboters förderlich sind außerdem ihr schwingungsdämpfendes Material und natürlich das geringe Gewicht. Um die Leitungen bei den schnellen Bewegungen des Roboters sicher zu führen und für lang haltende Leitungen zu sorgen, wird eine Energiekette der Baureihe E4 eingesetzt. Zusätzlich kommen Igus-Schrittmotoren (Baugröße NEMA23) mit Getriebe zum Einsatz, damit der Greifer die Container auf das Fließband bewegen kann.
Auf dem Fließband werden die Container dann automatisch bewässert und es wird Futter auf die Erde gestreut. Am anderen Ende des Fließbands hebt ein zweiter Roboter die bewässerten und gefütterten Container vom Fließband zurück auf einen Rollwagen, das FTF holt sie ab und fährt sie zurück ins Lager. Sollte der FTF-Akku leer sein, fährt das Fahrzeug selbständig zur Ladestation und ist nach 30 Minuten wieder einsatzbereit. Nach der Optimierungsphase plant der Familienbetrieb ein zweites baugleiches FTF einzusetzen, um den Prozess zusätzlich zu beschleunigen.
 

Akkordarbeit automatisiert
Um die Würmer halten zu können, bietet Superwurm einen speziellen Eimer an. Bislang mussten in jeden Eimer große Belüftungslöcher gebohrt werden, die mit maßgefertigten Kunststoffsieben verklebt wurden. Das Bearbeiten der Eimer und Einkleben der Siebe bedeuteten für die Langhoffs einen hohen Zeit- und Kostenfaktor. Allein die selbstklebenden Siebe kosteten etwa 2.500 Euro pro Jahr. „Das Bohren der Eimer und Einkleben der Siebe war für uns immer eine sehr nervige Arbeit. Niemand mochte es gerne“, so Langhoff. Also machte er sich Gedanken, wie auch dieser Prozess verbessert werden könnte.
Herausgekommen ist ein Rahmen, in den 40 Eimer gleichzeitig eingespannt werden können. „Nun sind nur noch zehn Minuten Umrüstzeit notwendig, um die Eimer in die Maschine einzusetzen“, merkt Langhoff an. Ein Dremel wird mit Hilfe eines Drylin-Portals bewegt und bohrt die Lüftungslöcher automatisiert in die Eimer. Gestützt werden die Wellen des Portals dabei von Igubal-KSTM-Stehlagern, damit sie parallel synchronisiert werden können. Siebe für die Löcher werden nicht mehr benötigt, da der Dremel mit winzigen Löchern jetzt auch gleich das Firmenlogo in die Eimer bohrt. Es kann nun nichts mehr aus den Löchern fallen und gleichzeitig ist eine einzigartige Verpackung entstanden, die heraussticht.
Bei der Konstruktion des Eimerbohrers stieß Martin Langhoff jedoch auf einige Schwierigkeiten. Für das Portal nutze er Drylin-Zahnriemenachsen mit Schrittmotoren. Initiatoren und Achsenhalter wurden für die Anwendung passend zu den Konstruktionsprofilen ausgewählt. Der anfangs verwendete Schrittmotor für die vertikale Achse war zu schwach und konnte den Dremel nicht wie gewünscht bewegen.
Mit dem Einbau eines größeren Motors war dieses Problem behoben. Auch bei dieser Maschine nutzen die Langhoffs die Vorteile der E-Ketten-Baureihe E4, die große Hübe ermöglicht. Durch ihre stabile Bauweise eignen sich diese Energieführungsketten bestens zum Leitungsschutz für die Bewegungen des Portals und ermöglichen große Hübe. Beim Bohren der Belüftungslöcher fallen viele sehr feine Plastikspäne an. Da die eingesetzten Igus-Produkte schmutzunempfindlich sind, eignen sie sich bestens für den Einsatz bei Spänen. Weil die Produkte zudem auf zusätzliche Schmiermittel verzichten, sind die Komponenten leicht zu reinigen und Späne können nicht anhaften.  


Autor
Stefan Niermann, Leiter Geschäftsbereich Drylin Linear- und Antriebstechnik

Bilder: Igus GmbH

Kontakt

Igus GmbH

Spicher Str. 1 a
51147 Köln

+49 2203 9649 0

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