Automatisierung

Wirkungsgradbestimmung an E-Achsen

11.04.2023 - Mehrkanaliges Messsystem zur Erfassung der Messdaten und die Echtzeit-Berechnung der Kenngrößen

Während der Entwicklung einer E-Achse sind Tests zur Wirkungsgradbestimmung Teil des Prozesses. Für die Erfassung der Messdaten und die Echtzeit-Berechnung der Kenngrößen kommt ein mehr­kanaliges Messsystem zum Einsatz, das sämtliche Messdatenquellen synchron zusammenführt.

Für den Antrieb von batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) werden komplette E-Achs-Systeme eingesetzt. Diese elektrischen Antriebseinheiten integrieren den Elektromotor, die Leistungselektronik und das Getriebe in einer Komponente. Durch den kompakten Aufbau sparen die Hersteller und Zulieferer Bauraum und Material ein. So werden für den Antrieb keine teuren Kupferkabel zwischen den Komponenten mehr benötigt. Zudem kann die Kühlung vereinfacht werden, während Elemente zur Lagerung der drehenden Bauteile entfallen. Neben der Kostenersparnis von bis zu zehn Prozent im Vergleich zu den derzeit verwendeten Einzelkomponenten bieten E-Achs-Systeme technologische Vorteile und eine Steigerung der Energieeffizienz des Gesamtsystems. So lässt sich ein System für einen großen Leistungsbereich entwickeln, das sich in unterschiedlichen Fahrzeugtypen, vom PKW bis zu schweren Nutzfahrzeugen, einbauen lässt.

In der Entwicklung einer E-Achse sind Tests zur Wirkungsgradbestimmung Teil des Prozesses. Zudem fordert beispielsweise in Deutschland die nationale Kraftfahrtbehörde, das Kraftfahrbundesamt (KBA), einen Nachweis zur Leistung der Antriebskomponente. Diese Nachweise werden in den Normen UN ECE R 85 und 2017 R 2400 beschrieben. Bevor in Deutschland ein Fahrzeug auf der Straße fährt, müssen Hersteller oder Zulieferer im Test die Anforderungen erfüllen.

Die UN ECE R 85 regelt die Bedingungen für die Genehmigung von Verbrennungsmotoren oder elektrischen Antriebssystemen für den Antrieb von Kraftfahrzeugen der Klassen M und N hinsichtlich der Messung der Nutzleistung und der höchsten 30-Minuten-Leistung elektrischer Antriebssysteme. Hierbei werden zum einen zehn statische Punkte der Leistungskurve über der Drehzahl für die Bestimmung der Nutzleistung ermittelt und zum anderen wird die maximale Leistung über 30 min gemittelt.

Prüfung mit De-Rating-Funktion

Für die Abnahmenorm 2017 R 2400, auch CO2-Norm genannt, werden Drehmomentgrenzen, Schleppverluste, Dauerdrehmomente, Überlasteigenschaften und der Zyklus der Abbildung der elektrischen Leistung für verschiedene Spannungen, beispielsweise der minimalen und maximalen Batteriespannung, gemessen. Dabei ist unter anderem wichtig, dass die Temperatur des Prüflings währenddessen innerhalb der vom Bauteilhersteller festgelegten Grenzwerte bleibt. Alle Prüfungen müssen mit einer De-Rating-Funktion (Strombelastbarkeit) durchgeführt werden, die von den Temperaturgrenzen des elektrischen Maschinensystems abhängig und vollständig aktiviert ist. Wenn zusätzliche Parameter außerhalb der Grenzen des elektrischen Maschinensystems das De-Rating-Verhalten in Fahrzeuganwendungen beeinflussen, müssen diese zusätzlichen Parameter bei allen durchgeführten Prüfläufen außer Acht gelassen werden.

Für die mechanische Leistungsmessung werden Drehzahl und Drehmoment erfasst, bei der elektrischen Leistungsmessung die zugeführten DC-Größen Strom und Spannung. Der Wirkungsgrad der E-Achse berechnet sich aus der zugeführten elektrischen Leistung und der abgegebenen mechanischen Leistung.

Prüfstandsaufbau zur elektrischen und mechanischen Leistungsmessung

Ein typischer Aufbau einer Messlösung zur elektrischen und mechanischen Leistungsmessung, die verschiedene Kunden von IMC Test & Measurement einsetzen, besteht aus einer Lastmaschine mit Drehmomentmesswelle, an der die E-Achse angekoppelt wird. Für die Erfassung der Messdaten und die Echtzeit-Berechnung der Kenngrößen kommt ein mehrkanaliges IMC-Cronosflex-Messsystem zum Einsatz, das sämtliche Messdatenquellen synchron zusammenführt. Der modulare Aufbau des Systems ermöglicht eine Erweiterung des Grundmoduls durch spezifische Messmodule, die auch räumlich verteilt installiert werden können. Dadurch sind die Anwendungen, die Einsatzorte der einzelnen Module sowie die Anzahl der Messkanäle skalierbar.

Je nach Prüfstandsaufbau werden die Messdaten zentral oder dezentral erfasst. Bei dezentralen Lösungen sitzt die Messtechnik sensornah direkt im Prüfraum und reduziert durch kurze Kabellängen mögliche Störeinflüsse für die analogen Signale. Die kostenintensive und umständliche Verlegung langer Sensorleitungen entfällt.

Die Infografik zum Aufbau eines Prüfstands zeigt folgende Messtechnikkomponenten: einen Fluxgate-Ringwandler für die Strommessung sowie das mehrkanalige Messsystem IMC-Cronosflex mit einem IMC-Cronosflex-HV2-2U2I-Messmodul zur direkten Aufnahme von Spannungen bis 1.000 Vrms AC und der Messwerte des Stromwandlers. Der Fluxgatewandler benötigt zusätzlich eine Stromversorgung, die ein SEN-Supply-4 Modul zur Verfügung stellt.
Für die mechanische Leistungsmessung werden Drehzahl und Drehmoment häufig mit Drehmomentmessflanschen gemessen. Das Drehmoment wird dabei auf einen zu messenden Frequenzbereich abgebildet und die Drehzahl als Inkremente pro Umdrehung in Form eines digitalen Pulssignals ausgegeben, die durch Messmodule erfasst werden. Alternativ lässt sich eine IMC-Dx -Telemetrie integrieren, die direkt an die drehende Achse montiert wird. Diese Sensoreinheit ist in ein Halbschalengehäuse eingebettet und erfasst das Drehmoment über DMS sowie die Drehzahl über einen MEMS-basierten Sensor. Dieses universelle Sendemodul ist flexibel einsetzbar und ermöglicht drahtlose Messungen mit unterschiedlicher Kanalzahl und Sensorbelegung. Hier lassen sich bis zu vier Sender synchron mit einem Empfänger betreiben. In anderen Testszenarien erlaubt dies eine simultane Datenerfassung an allen vier Abtriebswellen eines Fahrzeugs und dies ohne zusätzlichen Stator oder Referenzpunkt. Ohne dass Veränderungen am Prüfling vorgenommen werden müssen, erfasst die IMC-Dx-Telemetrie den Drehwinkel und andere notwendige Parameter sehr genau und in Echtzeit. Durch die drahtlose Datenübertragung an die Empfangseinheit (RCI), kann auf eine zusätzliche mechanische Anbindung verzichtet werden.

Von der RCI gehen die Daten für Drehmoment und Drehzahl sowie die berechnete mechanische Leistung via CAN-Bus an die IMC-Cronosflex-Basiseinheit. Im Messsystem ist die Echtzeit-Datenanalyse IMC-Online-Famos integriert, um den Wirkungsgrad oder andere Berechnungen durchzuführen und die Daten an übergeordnete Steuerungssysteme weiterzugeben.

Bidirektionale Datenkommunikation

Die Schnittstellen zu typischen Automatisierungssystemen oder Applikationssystemen am Prüfstand sind wahlweise CAN, CAN-FD, Ethercat oder Profinet. IMC ermöglicht hier eine bidirektionale Datenkommunikation. So lassen sich Messdaten und berechnete Ergebnisse senden, aber auch Kommandodaten austauschen, um an dedizierten Betriebspunkten Trigger-, Lastprofil-, Kennlinien- oder Arbeitspunktvermessungen durchzuführen.
Die Anforderung an Entwickler, möglichst schnell zu Resultaten zu kommen, setzt beim Testen gut aufeinander abgestimmte Arbeitsabläufe beziehungsweise Datenauswertung voraus. Die IMC-Messsysteme mit der zugehörigen Konfigurations- und Automatisierungssoftware IMC-Studio bieten hierfür die flexiblen Werkzeuge für eine schnelle Integration auch von externen Komponenten wie Batterie-Simulatoren, Klimakammern oder elektronischen Steuerungskomponenten sowie eine hohe Anpassbarkeit an unterschiedliche Testaufgaben.

Autor
Rolf Spellmeyer, Business Development Expert E-Mobility bei imc Test & Measurement

Kontakt

imc Test & Measurement GmbH

Voltastrasse 5
13355 Berlin
Deutschland

+49 30 467090 26

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